Mein Traumpferd im Traum
- MS

- 9. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Mein erstes Pferd war eine Oldenburger-Hannoveraner Stute namens Anitte Stensgård, genannt Nitte. Sie hat mir das Reiten beigebracht – und vieles mehr.
Ich habe sie von Herzen geliebt, wir vertrauten einander vollkommen, und als ich sie im Alter von 23 Jahren verlor, dachte ich, ich würde niemals wieder ein so wunderbares Pferd finden wie sie.

Aber ich wollte ein neues Pferd. In den folgenden achtzehn Monaten sah und ritt ich mehrere Pferde. Eigentlich war an keinem von ihnen etwas auszusetzen – aber dieses besondere Gefühl stellte sich einfach nicht ein.
Ich wünschte mir ein ausgebildetes Pferd, denn ohne die nötigen Fähigkeiten, Zeit oder Geld hatte ich keine Möglichkeit ein junges Pferd selbst auszubilden. Mein Pferd sollte mutig und stark genug sein um mit mir durch den Wald zu reiten – auch dort, wo es keine Wege gibt – und mir, wie ein Hund, frei folgend zu vertrauen. So wie meine Stute es tat. Aber ich suchte nicht nach Nitte, die Zweite. Ich wusste, dass ich niemals das richtige Pferd für mich finden würde, wenn ich genau das täte.
Eines Tages rief mich eine Freundin an. Sie arbeitete in einem Reitzentrum und erzählte mir, dass dort eine hübsche Finnpferd-Stute zum Verkauf stand, perfekt für mich, wie sie sagte. Ich war mir da überhaupt nicht sicher: Sie war alles andere als das wonach ich gesucht hatte.
Sie war erst drei Jahre alt und hatte ihr bisheriges Leben als "gut gepflegte Dekoration“ auf einem Hof mit mehreren anderen Pferden verbracht. Ein paar Mal, vielleicht drei- oder viermal, hatte sie einen Sattel auf dem Rücken gehabt, und das hatte ihr ganz und gar nicht gefallen.

Ich weiß bis heute nicht warum, aber ich beschloss mehrere hundert Kilometer zu fahren um mir ein Pferd anzusehen, das ich eigentlich gar nicht wollte. Sie stand im Stallgang, fertig gesattelt, und wartete auf mich. Ich sah sie an und da war es, das Gefühl, auf das ich so lange gewartet hatte.
Ich nahm sie für eine zweiwöchige Probezeit mit nach Hause. Sie war zu jung, zu lebhaft, zu unerfahren, und doch blieb dieses Gefühl in mir. Trotzdem zögerte ich…

Zwei Tage bevor ich eine Entscheidung treffen sollte, hatte ich einen Traum.

In meinem Traum war ich in Nepal am Frühstückstisch eines Hotels. Ich war mitten in der Nacht angekommen und war neugierig den Ausblick aus dem Fenster zu sehen. Ich sah Felder und grüne Berge im Morgenlicht, und auf einem schmalen Pfad am nächsten Berg zog eine endlose Reihe bunt gekleideter Menschen immer höher hinauf. Die Kellnerin sagte mir dass sich auf dem Gipfel ein Tempel befinde und dass die Menschen Pilger seien.
Nach dem Frühstück ging ich hinaus und wanderte in den Bergen umher. Plötzlich sah ich einen kleinen, asketischen Tempel aus weißem Stein. Niemand sonst war dort. Ich trat ein, und als sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, sah ich bunte Malereien und Statuen, einen Altar, Blumen… Es war wunderschön und friedlich. Ich blieb lange dort und schaute mich einfach um.

Als ich hinauskam, sah ich eine junge Frau auf mich zulaufen, sichtlich besorgt. Sie war eine Tempelführerin und sagte mir ich hätte den Tempel nicht ohne Begleitung betreten dürfen, da ich ungläubig sei. Deshalb müsse ich mit ihr zurückgehen um ein Reinigungsritual durchzuführen.
Da war ich wieder, in einem dämmrigen Raum, und plötzlich war er voller Menschen in farbenprächtigen nepalesischen Trachten. Sie sangen leise und tanzten um mich herum. Trommeln, Rasseln, Flöten... Und ein duftender Rauch erfüllte die Luft. Meine Ärmel waren hochgekrempelt, jemand salbte meine Arme und meinen Kopf, und dann führte ein alter Mann Nitte herein.
Der Mann sagte mir, dass die Begegnung mit dem verstorbenen Pferd ein wesentlicher Teil der Reinigungszeremonie sei. Nitte sah alt und mager aus, aber doch lag in ihr eine gewisse Stärke, ihr Fell glänzte, und ich dachte, dass alles in Ordnung mit ihr sei. Sie kam direkt auf mich zu, drückte ihren Kopf an meine Brust und wir sprachen kurz miteinander, nur ein paar Sätze. Dann drehte sie sich um, als hätte sie es eilig, ihr Schweif schwang in der Luft, sie warf mir einen Blick über die Schulter zu – und dann war sie verschwunden.
Ich wachte auf und war sicher, dass ich mich am Morgen noch daran erinnern würde, was wir miteinander gesprochen hatten. Natürlich tat ich es nicht, aber ich fühlte mich wunderbar. Und ich wusste dass ich mein nächstes Pferd gefunden hatte – mein Traumpferd.
- Nanna-
Haben Sie jemals Ihr verstorbenes Pferd im Traum gesehen? Hatte der Traum eine besondere Bedeutung oder stand er in Verbindung mit einer bestimmten Phase Ihres Lebens?
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